Präsident Selenskyj wechselt Verteidigungsminister aus

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UKRAINE | Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj entlässt mitten im Krieg seinen Verteidigungsminister Olexij Resnikow. Das Ministerium brauche „neue Herangehensweisen“. Der Schritt deutete sich bereits seit Tagen an. Selenskyj will den jungen Politiker Rustem Umerow in dem Amt sehen und dem Parlament den 41 Jahre alten Chef des staatlichen Vermögensfonds als Nachfolger des geschassten Olexij Resnikow vorschlagen.

Umerow ist ein Unternehmer und Investor krimtatarischer Abstammung, der sich seit Jahren engagiert für eine Befreiung der im Jahr 2014 von Russland völkerrechtswidrig annektierten Schwarzmeer-Halbinsel einsetzt. Als Verteidigungsminister wären seine Aufgaben vorrangig die Finanzierung der Armee und deren Ausstattung mit Waffen, Munition, Kleidung und Lebensmitteln.

Präsident Selenskyj wechselt seinen Verteidigungsminister aus

Die Eltern von Umerow waren wie viele andere Krimtataren auch unter Diktator Josef Stalin von der Krim deportiert worden. Ukrainische Medien melden, dass Umerow Stipendiat eines US-Programms für künftige Führungskräfte (FLEX) gewesen sei und als Experte für Finanzwirtschaft gelte. Rustem Umerow war von 2019 bis 2022 Abgeordneter im ukrainischen Parlament und anschließend Leiter der staatlichen Vermögensverwaltung.

Der Politiker ist zudem stellvertretender Vorsitzender der Krim-Plattform, eines jährlichen Forums, das sich der Wiedereingliederung der Halbinsel in die Ukraine widmet. Umerow setzt sich nicht zuletzt für den Austausch von politischen Häftlingen und Kriegsgefangenen auf der Krim ein, wie ukrainische Medien berichteten. Im August 2021 überreichte Selenskyj ihm einen Orden für Verdienste für das Vaterland.

Unternehmer krimtatarischer Abstammung soll Nachfolger werden

Die Entlassung von Olexij Resnikow zeichnete sich seit Tagen ab. Wolodymyr Selenskyj erklärte bei seiner alltäglichen Videoansprache am Sonntagabend, dass Resnikow seit Beginn des russischen Angriffskriegs als Verteidigungsminister gedient habe. „Ich bin der Meinung, dass das Ministerium neue Herangehensweisen braucht und andere Formate der Zusammenarbeit mit den Soldaten und der Gesellschaft insgesamt“, sagte der Präsident. Resnikow war seit November 2021 Verteidigungsminister.

Ein Rücktritt Resnikows war bereits mehrfach im Gespräch. Schon im vergangenen Winter war ein Rücktritt Resnikows im Gespräch gewesen. Der nach Skandalen in seiner Behörde in die Kritik geratene Politiker dachte aber nicht an einen freiwilligen Rücktritt. Er wolle erst zurücktreten, wenn ihn Selenskyj dazu auffordere, sagte Resnikow Anfang Februar 2023. „Kein Beamter bleibt ewig im Amt“, fügte er hinzu.

Verteidigungsministerium von Affären und Skandalen erschüttert

Die Ukraine gilt als eines der korruptesten Länder Europas. Das Verteidigungsministerium hat trotz Krieg in den letzten Monaten immer wieder für Affären und Skandalen gesorgt. Resnikows Wjatscheslaw Schapowalow hatte im Winter 2022/2023 im Zusammenhang mit dem Einkauf überteuerter Lebensmittel für Soldaten seinen Hut nehmen müssen. Zudem soll nach Medienberichten beim Bau von Kasernen Geld veruntreut worden sein.

Das Verteidigungsministerium soll zudem im großen Stil Winterkleidung für die Armee eingekauft haben, die sich im Nachhinein als untauglich erwies, da sie für Sommermonate gedacht war. Resnikow wies die Vorwürfe stets zurück. Ziel sei es offenbar, das „Vertrauen in das Verteidigungsministerium zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt zu untergraben“, erklärte er damals. Ukrainische Medien hatten mehrfach darüber berichtet, dass eine Ablösung des 57-jährigen Resnikow unmittelbar bevorstehe. Der Minister hatte zuletzt immer wieder erklärt, dass er bereit sei, zu gehen, aber ein Ersatz für ihn gefunden werden müsse. ✠

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Boris Raczynski
Der Herausgeber lebt seit über 20 Jahren in Odessa und kennt Land und Leute. Gemeinsam mit seiner Frau Elena hat er direkt nach Ausbruch des Krieges eine Hilfsorganisation gegründet und unterstützt ukrainische Kriegsflüchtlinge.